Deutschland vs. Skandinavien

Vergleich Deutschland vs. Skandinavien: Warum Schweden und Norwegen den modularen Wohnungsbau dominieren

Skandinavien als Vorreiter im modularen Wohnungsbau

Schweden und Norwegen zählen zu den Vorreitern des modularen Bauens in Europa. Insbesondere Schweden hat einen außergewöhnlich hohen Grad an Vorfertigung etabliert: Rund 84 % aller schwedischen Einfamilienhäuser werden mit vorgefertigten Bauelementen errichtet  – ein weltweit führender Wert. In Deutschland liegt der Anteil dagegen nur bei ca. 20 % (zum Vergleich: in den USA, Großbritannien und Australien sogar nur ~5 %) . Diese Dominanz Skandinaviens ist kein Zufall, sondern Ergebnis einer langen Tradition und gezielter Förderung des Fertigbaus. In Schweden und Norwegen gilt Holz als traditioneller Baustoff, was die Akzeptanz von modularen Holzbauweisen fördert . Die industrielle Vorfertigung von Bauteilen – ob in der Betonindustrie oder im Holzhausbau – hat dort seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert.

Ein Blick nach Skandinavien zeigt, dass modulare Bauweisen längst über temporäre Containerbauten hinausgehen. Mehrgeschossige Wohnhäuser in Modulbauweise prägen das Stadtbild vieler Gemeinden. Große Bauvorhaben mit straffen Zeitplänen setzen bevorzugt auf Modullösungen, da so komplette Wohnungen in kürzester Zeit montiert werden können . Zugleich treiben ambitionierte Klimaschutzziele die Nachfrage nach dieser Bauart an: Holzmodule ermöglichen energiesparende Gebäude mit geringem CO₂-Fußabdruck, was Bauherren und Investoren in Schweden und Norwegen zusätzlich motiviert . Die skandinavische Bauindustrie – von großen Baukonzernen bis zu spezialisierten Modulbau-Herstellern – investiert folglich stark in moderne Fertigungstechnologien. Diese Kombination aus Tradition, Akzeptanz und Innovationsbereitschaft hat dazu geführt, dass Schweden heute als führender Innovator im Bauprozess und in der Energieeffizienz gilt .

Auch Norwegen hat in den letzten Jahren modular kräftig aufgestockt. Über 2.200 modulare Wohnungen hat z.B. der polnische Hersteller Unihouse bereits in Norwegen realisiert  – ein Indiz dafür, dass der Markt so aufnahmefähig ist, dass sogar internationale Anbieter in großem Maßstab beteiligt sind. Die hohe Urbanisierungsrate in Norwegen (über 80 % Stadtbevölkerung) und der daraus resultierende Wohnungsmangel schaffen zusätzlichen Druck, schnell und effizient neuen Wohnraum bereitzustellen . Modulares Bauen bietet hierfür die ideale Lösung, indem es Schnelligkeit, Qualität und Skalierbarkeit vereint. Während in Schweden Massivbauten die Ausnahme sind und Holzrahmenbau mit rund 95 % dominiert , setzt Deutschland immer noch überwiegend auf konventionellen Massivbau – ein grundlegender Unterschied, der sich in der Geschwindigkeit der Wohnraumschaffung bemerkbar macht.

Wirtschaftliche, regulatorische und technologische Rahmenbedingungen

Die wirtschaftlichen und regulatorischen Bedingungen in Skandinavien begünstigen den modularen Wohnungsbau deutlich. In Schweden etwa wurde bereits 2017 ein staatliches Programm für serielle Modulwohnungen (Modulbostäder) aufgelegt, um schnell Unterkünfte für anerkannte Geflüchtete zu schaffen . Solche Programme geben Herstellern und Investoren Planungssicherheit über mehrere Jahre. Gleichzeitig sind die Bauvorschriften in Schweden und Norwegen eher performance-orientiert und materialsneutral: Holzmodulbauten können genehmigt werden, solange sie die funktionalen Anforderungen (z.B. Brandschutz, Statik) erfüllen – was durch moderne Technik erreichbar ist. Diese Flexibilität kontrastiert mit Deutschland, wo modulare Gebäude lange als „nicht geregelte Bauart“ galten und daher aufwändige Einzelfallgenehmigungen nötig waren . Bis vor kurzem musste jedes Modulprojekt hierzulande über Zustimmungen im Einzelfall (ZiE) oder projektbezogene Bauartgenehmigungen den Nachweis erbringen, dass es den Bauordnungen entspricht . Dieses bürokratische Hindernis verzögerte viele Vorhaben und erhöhte das Projektrisiko.

Allmählich zeichnet sich jedoch ein Umdenken in Deutschland ab: 2021 erteilte das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) erstmals eine allgemeine Bauartgenehmigung für ein Modulbausystem (an den Hersteller Kleusberg) . Damit wurde der Genehmigungsprozess deutlich vereinfacht – anstatt jedes Mal sämtliche Prüfnachweise zu führen, wird das geprüfte System grundsätzlich anerkannt  . Parallel dazu hat die Bauministerkonferenz die Einführung der Typengenehmigung auf den Weg gebracht, sodass ein einmal genehmigter Gebäudetyp künftig an verschiedenen Standorten ohne erneute Vollprüfung gebaut werden kann . Diese Schritte orientieren sich an skandinavischen Modellen, wo Standardisierung und harmonisierte Bauordnungen bereits Realität sind. So sorgen in Deutschland nun Bund und Länder mit einem novellierten Baugesetzbuch, digitalisierten Verfahren und der Angleichung der Landesbauordnungen für Beschleunigung bei Planung und Baugenehmigung . Für Investoren bedeutet das: Die Rahmenbedingungen nähern sich langsam dem skandinavischen Niveau an, was serielle und modulare Wohnungsprojekte künftig attraktiver machen dürfte.

Wirtschaftlich profitiert Skandinavien von hohen Lohnkosten – was zunächst paradox klingt. Doch gerade weil Arbeit teuer ist, lohnt sich die Industrialiserung des Bauens umso mehr. In der geschützten Umgebung von Fabriken lassen sich Wohnmodule effizient und mit konstant hoher Qualität vorfertigen, während auf der Baustelle kaum Personal benötigt wird. In Deutschland war der Druck zur Industrialisierung lange geringer, da Bauunternehmen auf ausreichend Fachkräfte zurückgreifen konnten und traditionelles Bauen etabliert blieb. Zudem sind skandinavische Bauherren oft offener für standardisierte Konzepte: Öffentliche Bauträger schreiben gezielt modulare Lösungen aus, wie es Göteborgs Egnahems AB mit einem Mehrfamilienhaus aus Holzmodulen getan hat . In Deutschland hingegen dominieren noch Einzelplanungen, und Entwickler müssen Überzeugungsarbeit leisten, um modulare Typen durchzusetzen. Technologisch haben die Skandinavier ebenfalls früh investiert – etwa in große Modul-Fabriken. Unihouse z.B. hat seine polnische Fertigung 2018 verdoppelt auf 2.000 Module pro Jahr, speziell um der Nachfrage aus Skandinavien gerecht zu werden . Dieses Zusammenspiel aus fördernden Vorschriften, wirtschaftlichem Anreiz und technischer Aufrüstung erklärt, warum Schweden und Norwegen derzeit einen Vorsprung haben.

Nachhaltigkeit: Holzmodulbau als Schlüssel zum grünen Bauen

Ein entscheidender Erfolgsfaktor in Skandinavien ist der Fokus auf nachhaltiges Bauen, bei dem Holzmodule eine zentrale Rolle spielen. Holz ist in den nordischen Ländern traditionell der Baustoff der Wahl – aus gutem Grund: Es ist nachwachsend, CO₂-speichernd und energetisch deutlich günstiger in der Herstellung als Beton oder Stahl . Moderne Holz-Modulbauten können daher mit einer hervorragenden Ökobilanz punkten. So weisen schwedische Häuser dank hochentwickelter Holzbau-Technik im Schnitt weniger als 50 % des Energieverbrauchs vergleichbarer US-Häuser auf . In Norwegen und Schweden werden außerdem viele Modulgebäude als Energieeffizienz-Projekte umgesetzt, etwa Passivhäuser mit minimalem Heizbedarf.

Das Beispiel „Miljøbyen Granåsen“ in Trondheim – Nordens größte Passivhaussiedlung mit insgesamt 430 Wohnungen – verdeutlicht diesen Anspruch. Zwei der Wohngebäude dort wurden in modularer Holzbauweise von Unihouse geliefert. Jedes dieser Gebäude besteht aus 76 vorgefertigten Modulen und beherbergt 54 bzw. 76 Wohnungen . Innerhalb von nur 15 Monaten Bauzeit konnten beide Bauphasen fertiggestellt werden . Die Häuser fügen sich nahtlos in das energieoptimierte Gesamtkonzept ein, das eine Halbierung des Energiebedarfs gegenüber Standardbauten erreicht. Solche Projekte zeigen, dass serielle Fertigung und Klimaschutz Hand in Hand gehen können.

In Deutschland gewinnt das Bauen mit Holz zwar ebenfalls an Bedeutung – der Marktanteil der Holzbauweise steigt langsam – doch insbesondere im mehrgeschossigen Wohnungsbau zögert man noch. Viele Landesbauordnungen schränkten bis vor kurzem die Holzbauhöhe aus Brandschutzgründen ein. Inzwischen sind jedoch auch hier Modellprojekte für Holz-Modulbauten entstanden, etwa mehrgeschossige Wohnhäuser in Berlin und Baden-Württemberg, die zeigen, dass modernes Holzmodulbauen auch deutschen Standards genügen kann. Ein Vorteil der skandinavischen Holzmodule ist ihre Leichtigkeit, die z.B. bei Aufstockungen bestehender Bauten zum Tragen kommt. So hat die Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft ABG alte Wohnblocks mit zweigeschossigen Holz-Modulaufbauten erweitert und dabei 380 neue Wohnungen geschaffen – ohne zusätzliche Grundstücksfläche . Diese Aufstockungen waren möglich, weil die vorgefertigten Holzmodule vergleichsweise wenig wiegen und trotzdem alle Bauanforderungen erfüllen. Deutschland kann hier unmittelbar von skandinavischen Erfahrungen profitieren: Holzmodulbau vereint Klimaschutz und schnelle Bauzeit und sollte verstärkt zum Einsatz kommen, wenn die politischen Weichen (Förderungen, Normen) entsprechend gestellt sind.

Deutschland: Herausforderungen und Hemmnisse

Trotz erster Fortschritte steht der modulare Wohnungsbau in Deutschland vor einigen Herausforderungen. Eine davon ist die komplexe Regulierung und föderale Zersplitterung. Jedes Bundesland hat eigene Bauvorschriften, und bis zur jüngsten Reform gab es keine einheitliche Anerkennung modularer Systeme. Das bedeutete in der Praxis zeitaufreibende Abstimmungen mit Prüfämtern für jeden einzelnen Standort. Während in Schweden ein nach BBR (Boverkets Byggregler) zertifiziertes Modul überall im Land eingesetzt werden kann, musste in Deutschland oft jedes Projekt individuell nachgewiesen werden. Diese Bürokratie bremst Innovationsfreude – Investoren scheuen die Unsicherheit langer Genehmigungsphasen. Erst mit der Einführung von Typengenehmigungen und allgemeiner Bauartzulassungen (aBG) beginnt sich das Blatt zu wenden  . Doch bis diese Erleichterungen flächendeckend wirken, bleibt Zeit ein Wettbewerbsfaktor: Ein Wohnmodulprojekt, das in Norwegen binnen weniger Monate genehmigt und gebaut wird, brauchte hierzulande bislang oft Jahre vom Entwurf bis zur Fertigstellung.

Ein weiteres Hemmnis ist die Marktakzeptanz. In Deutschland haftete dem seriellen Bauen lange das Image des monotonen Plattenbaus an. Sowohl in der Bevölkerung als auch bei Architekten gab es Vorbehalte, ob Modulbauten ästhetisch und qualitativ überzeugen können. Diese Einstellung ändert sich zwar langsam – unter anderem dank Pilotprojekten, die erfolgreich realisiert wurden – dennoch sind Vorurteile noch vorhanden. So wird modulares Bauen teils als „Plattenbau 2.0“ abgetan. Best Practice aus jüngster Zeit zeigt jedoch, dass diese Kritik unbegründet ist: Beim ersten Wohnprojekt aus der GdW-Rahmenausschreibung in Idstein etwa stand das fertige Gebäude in nur vier Monaten Bauzeit bezugsfertig da und unterscheidet sich in Qualität und Gestaltung nicht von konventionellen Wohnhäusern  . Die Bewohner und Nachbarn waren positiv überrascht – vor allem die extrem kurze Bauphase von acht Wochen Rohbauzeit wusste das Quartier zu schätzen . Solche Erfolgsgeschichten müssen noch stärker kommuniziert werden, um die Marktskepsis abzubauen.

Auch innerhalb der Baubranche bestehen Hürden: Einige Architekten und Planer lehnen modulare Konzepte ab, weil sie eine Einschränkung kreativer Freiheit befürchten. Architekturwettbewerbe lassen sich mit Standardmodulen schwer gewinnen, so das Vorurteil . Dabei zeigen skandinavische Beispiele – vom Schulbau bis zum Hotelhochhaus – dass modulare Architektur durchaus ansprechend und vielfältig sein kann, wenn man die Methode von Anfang an ins Design integriert . Zudem setzt die Modulbauweise eine sehr frühe und detaillierte Planung voraus, was ungewohnt sein mag: Alle Entscheidungen zu Grundriss, Technik und Material müssen früh feststehen, damit die Fabrikation reibungslos läuft  . Dieser upfront-Planungsaufwand schreckt manche deutschen Entwickler noch ab, während er in Skandinavien als notwendiger Teil des Prozesses akzeptiert ist. Schließlich spielt die Baukultur eine Rolle: Deutsche Bauherren – ob privat oder kommunal – favorisieren traditionell „Stein-auf-Stein“-Massivbau, was in manchen Regionen fast zum identitätsstiftenden Merkmal wurde. Das skandinavische Holzhaus oder das modulare Apartmenthaus musste hier erst Vertrauen gewinnen.

Chancen und Ausblick – Was Deutschland von Skandinavien lernen kann

Trotz der genannten Hemmnisse bieten sich für Deutschland große Chancen, vom skandinavischen Erfolgsmodell zu lernen. Der akute Wohnraumbedarf – sei es für bezahlbare Wohnungen in Ballungszentren oder für klimafreundliche Ersatzneubauten – lässt sich mit herkömmlichen Bauweisen kaum mehr decken. Hier kann serieller, modularer Wohnungsbau ein Schlüssel sein, um schnell, kostensicher und nachhaltig Wohnungen zu schaffen. Was muss geschehen?

1. Standardisierung und Typenbau fördern: Skandinavien zeigt, dass standardisierte Modul-Typen Qualität nicht ausschließen. Deutsche Wohnungsunternehmen sollten verstärkt auf erprobte Modulsysteme zurückgreifen und diese in Serie einsetzen. Die Politik hat mit der Typengenehmigung und dem seriellen Bautyp im neuen Gebäudeenergiegesetz bereits erste Weichen gestellt. Nun gilt es, diese Instrumente konsequent zu nutzen. Wenn ein Modulgebäude einmal irgendwo genehmigt wurde, muss es künftig überall nahezu ohne Verzögerung gebaut werden können – genau das ist in Schweden längst üblich. Einheitlichere Bauordnungen der Länder und digitale Genehmigungsprozesse (Stichwort: eGenehmigung) können die Dauer von Baugenehmigungen drastisch verkürzen . Deutschland kann hier vom nordischen Pragmatismus profitieren, der lautet: gleiche Regeln für alle – egal ob Ort A oder B.

2. Holzbauweise und Nachhaltigkeit vorantreiben: Holzmodule sind in Skandinavien Standard, in Deutschland aber noch Pionierarbeit. Dabei sprechen die ökologischen Vorteile für sich. Die öffentliche Hand sollte Holzmodulbau gezielt fördern – etwa durch Bonus bei der Gebäudeförderung für niedrige graue Emissionen oder durch Modellvorhaben. Zudem könnte Deutschland seine Forstwirtschaft und Holzindustrie stärker in die Wertschöpfungskette des Bauens integrieren, um mehr heimisches Holz in den Wohnungsbau zu bringen. Norwegen und Schweden beweisen, dass auch mehrstöckige Holzgebäude sicher und langlebig errichtet werden können. Im Sinne der Klimaschutzziele (CO₂-Einsparung im Bausektor) hat Deutschland hier großes Lernpotenzial. Von Skandinavien lernen heißt, Bauen als Teil der Kreislaufwirtschaft zu begreifen – Holzmodule können am Ende ihrer Nutzungszeit demontiert und wiederverwendet oder recycelt werden, was die Gesamtbilanz weiter verbessert.

3. Öffentliche Auftraggeber als Taktgeber einsetzen: In Schweden und Norwegen agieren Kommunen und staatliche Wohnungsunternehmen oft als Treiber des modularen Bauens. Wenn Städte wie Göteborg oder Trondheim gezielt Modulbau-Projekte ausschreiben und erfolgreich umsetzen, strahlt das in die gesamte Branche aus. Deutsche Kommunen könnten ähnliche Pilotprojekte aufsetzen. Einige tun das bereits: Berlin, Hamburg und München haben in den vergangenen Jahren modulare Wohnheime und Flüchtlingsunterkünfte errichtet, um schnell Kapazitäten zu schaffen. Diese Erfahrungen sollten verstetigt werden, indem kommunale Wohnungsbaugesellschaften modulare Typen in ihr Portfolio aufnehmen – nicht nur als Notlösung, sondern als gleichwertige Bauoption. So könnte z.B. ein städtischer Wohnungsbau in München von den Erfahrungen eines Göteborger Projekts profitieren, das von der Konzeptphase bis zur Endabnahme konsequent modular gedacht wurde .

4. Positive Beispiele kommunizieren und Vorurteile abbauen: Nichts überzeugt mehr als fertige Gebäude. Je mehr gelungene modulare Wohnanlagen sichtbar werden, desto schneller schwindet der „Baracken“- oder Plattenbau-Vorbehalt. In Skandinavien gehören modulare Schulgebäude, Kindergärten und eben auch Wohnhäuser längst zum Alltag und genießen Akzeptanz. Deutsche Bauträger und Architekten sollten die Gestaltungsvielfalt modularer Systeme stärker herausstellen – etwa durch ansprechende Architektur, die man der Modulbauweise „nicht ansieht“ . Austauschprogramme, in denen deutsche Entscheider realisierte Projekte in Norwegen/Schweden besichtigen, könnten helfen, Begeisterung zu wecken. Für Investoren ist wichtig zu erkennen, dass Modulbau heute eine qualitativ hochwertige Bauweise ist: Die Präzision der Werksfertigung führt zu exakten Bauelementen, die auf der Baustelle passgenau montiert werden . Mängel und Nacharbeiten reduzieren sich, und auch nach Jahren überzeugen diese Gebäude im Betrieb – Erfahrungen aus Skandinavien belegen das. Sobald sich diese Erkenntnis flächendeckend durchsetzt, wird die Nachfrage nach modularen Konzepten auch hierzulande steigen.

Nicht zuletzt hat Deutschland die Chance, vom technologischen Vorsprung der Skandinavier zu profitieren. Kooperationen mit erfahrenen Modulbau-Firmen (aus Nord- und Osteuropa) können Wissenstransfer bringen. Unihouse ist ein Beispiel: Als polnischer Anbieter, der in Norwegen/Schweden erfolgreich modulare Wohnungsbauten erstellt, könnte dessen Know-how auch deutschen Projekten zugutekommen. Insgesamt ist klar: Der modulare Wohnungsbau steckt in Deutschland zwar noch im Übergang, doch die Weichen sind gestellt. Mit Blick auf Schweden und Norwegen lässt sich optimistisch sagen, dass die „Modulbau-Revolution“ auch hier an Fahrt aufnimmt – sofern man bereit ist, die Lehren der nordischen Nachbarn umzusetzen.

Beispiele: Vier modulare Wohnungsbau-Projekte von Unihouse in Schweden und Norwegen

Um die skandinavische Dominanz im modularen Wohnungsbau greifbar zu machen, lohnt ein Blick auf konkrete Leuchtturmprojekte. Die polnische Firma Unihouse (Teil der Unibep-Gruppe) hat in den vergangenen Jahren etliche modulare Wohnbauten in Schweden und Norwegen realisiert. Vier exemplarische Projekte – zwei in Schweden und zwei in Norwegen – zeigen, wie Modulbau dort eingesetzt wird und zum Erfolgsmodell wurde:

1. Kvarteret Kantorn 2, Tumba (Schweden): Dieses Projekt markierte 2017 den Einstieg von Unihouse in den schwedischen Wohnungsmarkt. In Tumba, südlich von Stockholm, entstanden 58 kompakte Wohnungen in vier zweigeschossigen Gebäuden – alle gebaut aus vorgefertigten 3D-Modulen . Jede Einheit misst nur rund 32 m² und verfügt dennoch über Küche, Bad und einen zusätzlichen Raum. Die Wohnanlage wurde im Rahmen des Programms “Modulbostäder 2017” entwickelt und diente zunächst der Unterbringung von Menschen mit frisch erteilter Aufenthaltserlaubnis in Schweden . Nach fünf Jahren sollen die Gebäude dann als Studentenwohnheim oder Sozialwohnungen für junge Leute weitergenutzt werden . Flexibilität ist hier also Trumpf. Unihouse trat bei Kantorn 2 als Generalunternehmer auf und führte Planung, Modulbau und Montage durch – als erste polnische Firma, die in Schweden ein derartiges Modulprojekt umsetzte . Die Module wurden in Polen produziert und per Lkw nach Schweden transportiert, was trotz der Distanz wirtschaftlich war. Kantorn 2 zeigte exemplarisch, wie schnell serieller Wohnungsbau entstehen kann: Innerhalb weniger Monate Bauzeit (Fertigstellung Herbst 2017) waren alle 58 Wohnungen bereit zur Nutzung . Für Schweden bedeutete dieses Projekt einen wichtigen Impuls, wie sich bezahlbarer Wohnraum auf Zeit realisieren lässt – schnell, preisgünstig und dennoch nachhaltig, da die Weiternutzung von Anfang an eingeplant wurde.

2. Saffransgatan, Göteborg (Schweden): Ein weiteres Vorzeigeprojekt von Unihouse folgte 2020 in Göteborg. Im Stadtteil Bergsjön errichtete das Unternehmen ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus mit 34 Wohnungen schlüsselfertig in Holzmodulbauweise . Das Gebäude Saffransgatan wurde für den städtischen Wohnbauträger Göteborgs Egnahems AB realisiert, der in einer öffentlichen Ausschreibung gezielt nach modularen Lösungen suchte. Unihouse konnte sich dabei mit wettbewerbsfähigem Preis und hoher Qualität durchsetzen . Bemerkenswert: Das polnische Team hat nicht nur die Module geliefert, sondern war auch für Fundamentarbeiten, Montage und den gesamten Bauprozess vor Ort verantwortlich  . Das Gebäude erfüllt sämtliche schwedischen BBR-Bauvorschriften sowie die lokalen Vertragsbedingungen (ABT 06)   – ein Beleg dafür, dass internationale Modulbau-Standards mit nationalen Regelwerken in Einklang gebracht werden können. Technisch ist Saffransgatan auf dem neuesten Stand: 58 Raummodule aus Holz wurden zu einem eleganten Wohngebäude zusammengesetzt, komplett mit Balkonen, Aufzug und moderner Fassade. Die Wohnungen haben eine Gesamtfläche von ca. 2.029 m² . Trotz Vorfertigung wirkt das Haus individuell; Balkone und farbige Fassadenelemente sorgen für eine ansprechende Optik (kein „Kisten-Look“). Das Projekt zeigt eindrucksvoll, dass modularer Wohnungsbau in Schweden längst im kommunalen Wohnungsbestand angekommen ist – als qualitativ gleichwertige Alternative zum konventionellen Bau . Für Unihouse war Saffransgatan der nächste Meilenstein nach Kantorn 2 und bestätigte, dass der skandinavische Markt dauerhaft auf modulare Lösungen setzt .

3. Bjørnåsen Syd, Oslo (Norwegen): In Norwegen hat Unihouse mit „Bjørnåsen Syd“ eines der bislang größten modularen Wohnprojekte umgesetzt. Am Stadtrand von Oslo entstand zwischen 2018 und 2019 ein komplettes Wohnquartier aus modularen Mehrfamilienhäusern. In zwei Bauabschnitten wurden insgesamt 5 Wohngebäude errichtet – 3 Gebäude im ersten und 2 Gebäude im zweiten Bauabschnitt . Das Ergebnis: 158 Wohnungen für Familien und Singles, integriert in eine neue Siedlung mit Grünflächen. Die Kennzahlen beeindrucken: Insgesamt 208 Raummodule (120 in Phase I, 88 in Phase II) bilden die Bausubstanz der fünf vierstöckigen Häuser . Die Bruttogeschossfläche beträgt rund 9.533 m² (5.582 m² + 3.951 m²) . Bemerkenswert ist die kurze Bauzeit: Phase I wurde in nur 8 Monaten abgeschlossen, Phase II sogar in 6 Monaten  – inklusive Planung, Produktion und Montage. Das Projekt Bjørnåsen Syd demonstriert die Skalierbarkeit des Modulbaus: Hier wurde kein Einzelgebäude, sondern ein ganzer Wohnpark in Serie gefertigt. Die Module – Holzrahmenkonstruktionen mit kompletter Innenausstattung – wurden zügig auf den vorbereiteten Fundamenten montiert. Dadurch konnten die neuen Bewohner deutlich früher einziehen, als es bei traditioneller Bauweise möglich gewesen wäre. Stig Mæhle, der Service-Manager des norwegischen Bauunternehmens vor Ort, zeigte sich sehr zufrieden: „Als Baufirma können wir stolz auf das Produkt sein, das wir erhalten haben“, lobte er die Qualität der gelieferten Module . Bjørnåsen Syd steht exemplarisch dafür, wie in Norwegen große Wohnungsbauvorhaben modular gestemmt werden – und wie ausländische Partner (hier aus Polen) erfolgreich mit lokalen Akteuren kooperieren, um effiziente Lösungen zu liefern.

4. Miljøbyen Granåsen (Trondheim, Norwegen): Wie bereits im Nachhaltigkeitskapitel erwähnt, ist Miljøbyen Granåsen ein Leuchtturmprojekt in Sachen klimafreundlicher Stadtentwicklung. Unihouse hat daran mitgewirkt, indem zwei der Wohngebäude in Phase I und II der Entwicklung als Modulbauten realisiert wurden. Jedes dieser Gebäude umfasst 54 bzw. 76 Wohnungen und wurde aus je 76 Holzmodulen zusammengesetzt . Damit entstanden 130 moderne Wohneinheiten als Teil des größten Passivhaus-Wohnprojekts Nordeuropas . Die Gebäude erfüllen strenge Niedrigenergiestandards und wurden in enger Abstimmung mit den norwegischen Planern konzipiert. Anders Skaget, Projektleiter von Miljøbyen Granåsen, betonte die hohe Ausführungsqualität und empfahl Unihouse als verlässlichen Partner mit professionellem Team weiter  . Die Bauzeit der beiden Modulgebäude betrug lediglich 15 Monate – bemerkenswert angesichts der klimatischen Bedingungen in Trondheim und der technischen Anforderungen eines Passivhauses . Die Module wurden wettergeschützt vorgefertigt und konnten so unabhängig von Schnee und Kälte fristgerecht montiert werden. Dieses Projekt veranschaulicht, wie weit entwickelt der modulare Holzbau in Skandinavien bereits ist: Selbst ambitionierte Vorhaben mit höchsten Energieansprüchen lassen sich modular umsetzen. Für die Stadt Trondheim bedeutet es obendrein einen Imagegewinn – sie wurde für dieses Projekt mit einem Energiepreis ausgezeichnet und hat sich damit auf der Landkarte innovativer Klimastädte positioniert . Miljøbyen Granåsen unterstreicht: Modulbau und Nachhaltigkeit gehen in Norwegen Hand in Hand, und internationale Zusammenarbeit (norwegische Entwickler, polnischer Modulbauer) kann dabei zum Erfolg führen.

Diese vier Projekte – zwei in Schweden, zwei in Norwegen – zeigen eindrucksvoll, wie modularer Wohnungsbau in Skandinavien funktioniert. Ob zur schnellen Bewältigung einer Wohnungsnotlage (Kantorn 2), zur Bereitstellung von preiswertem Wohnraum in der Großstadt (Saffransgatan), zur Errichtung ganzer Wohnquartiere in Rekordzeit (Bjørnåsen Syd) oder zur Umsetzung von Vorzeige-Klimasiedlungen (Granåsen in Trondheim): Immer wieder bewährt sich das Baukonzept „Modul“. Für Investoren bedeutet das berechenbare Kosten, kurze Projektzyklen und zunehmend auch ein Marketing-Plus durch Nachhaltigkeit. Für Fachleute der Baubranche bedeuten diese Beispiele, dass modularer Holzbau skalierbar ist und hohe Qualitätsstandards erfüllt – sofern Planung, Produktion und Montage professionell verzahnt sind.

Fazit

Der Vergleich zwischen Deutschland und Skandinavien macht deutlich, dass Schweden und Norwegen den modularen Wohnungsbau derzeit anführen – begünstigt durch kulturelle Offenheit, politische Förderung und konsequente Ausrichtung auf nachhaltiges Bauen. Deutschland hinkt (noch) hinterher, kann aber durch Reformen und den Mut zum Umdenken schnell aufholen. Die skandinavischen Erfahrungen liefern eine Blaupause, wie schneller, grüner und kosteneffizienter Wohnungsbau gelingen kann. Wenn Bauherren, Investoren und Gesetzgeber in Deutschland bereit sind, überkommene Pfade zu verlassen und von den Best Practices aus dem Norden zu lernen, stehen die Chancen gut, dass modulare Wohnbauten bald auch hierzulande zur neuen Normalität werden – elegant, langlebig und bezahlbar. Die Wohnungsbau-Welt schaut nach Skandinavien; es liegt an Deutschland, diesen Vorsprung in den kommenden Jahren zu verkürzen. Die Voraussetzungen dafür – vom technischen Know-how bis zur Nachfrage – sind gegeben. Jetzt gilt es, sie zu nutzen.

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Montage in Rekordzeit